Zur Geschichte des Bayerischen Waldes (Quelle: DIE NEUE WOCHE)
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Adalbert Stifter über Bayerischen Wald Adalbert Stifter wurde vor 200 Jahren am 23. Oktober in Oberplan (Tschechien) geboren. Im Stifterjahr 2005 wird der berühmte Dichter durch Veranstaltungen und Lesungen geehrt, ein Anlass auch für die Neue Woche, hier geschichtliche Betrachtungen, diesmal zwar nicht über den Waldpoeten selbst, aber über seine alles geliebte Waldheimat anzustellen.

In drei Länder greift dieses Waldgebiet aus: Den heute tschechischen Böhmerwald, den niederbayerischen Bayerwald oder Bayerischen Wald und in einen Teil des Mühlviertels in Oberösterreich. Bevor die Geschichte dieses Waldgebiets näher ausgeleuchtet wird, ist voraus zu schicken, dass der Begriff "Bayerischer Wald" erst im frühen 19. Jahrhundert geprägt wurde (man nimmt an, zu touristischen Zwecken, um ein abgestecktes Gebiet begrifflich genauer eingrenzen zu können). Vorher gab es für diese Waldregion keine unterschiedlichen Bezeichnungen, sie war für Bewohner hüben wie drüben der Böhmerwald, oder noch gebräuchlicher, einfach "der Woid".
Sein Name taucht schon in den ältesten überlieferten Schriftquellen auf, schon große griechische und römische Persönlichkeiten kannten diese Region, so wird dieser Teil der weiten mitteleuropäischen Waldgebirge von Aristoteles über Cäsar bis Tacitus als "Hercynia silva" bezeichnet.
Beim berühmten griechischen Geograph Ptolemäus wird das Waldgebiet als "Gabreta hyle" bezeichnet, der Name wird keltischen Ursprüngen zugeschrieben und soll soviel bedeuten wie "Steinbockwald" oder "Geißenwald".
In Tacitus´ Werk "Germania" (88 n. Chr.) ist zu erfahren, dass früher in Süddeutschland die Helveter und östlich davon die Bojer gewohnt haben sollen, beides keltische Stämme. Und er sagt noch: "manet adhuc Boihaemi nomen significatque loci veterem memoriam quamvis inutatis cultoribus", übersetzt: "geblieben ist noch jetzt der Name Böhmen und bewahrt so die Erinnerung an die Vergangenheit des Landes, wenn auch dessen Bewohner gewechselt haben". Denn die Bojer waren seinerzeit schon ausgewandert und so um Christi Geburt siedelten germanische Splitterstämme in Böhmen, in der Hauptsache die Markomannen vom Hauptstamm der westgermanischen Sueben, von denen die Moldau wohl ihren Namen "Wildahwa", (Wildache oder Wildwasser, in der Mundart noch heute am Oberlauf "Wuida" genannt) erhalten haben dürfte.
Im Laufe des 6. Jahrhunderts wanderten dann auch die Markomannen zusammen mit anderen germanischen Stammesteilen aus, vermutlich nach Süden, wo sie uns als Baiern, als "Baiwari", Leute aus Baiahairna", wieder begegnen. Ursachen und Abfolge dieser Wanderbewegung bleiben wenig aufgeklärt und es gibt nach wie vor verschiedene Deutungsversuche.
Die Bayern jedenfalls, die seit dem ersten Viertel des 6. Jahrhundert zwischen Enns und Lech siedeln (neuere Funde deuten auf noch früher, bis nach dem Abzug der Römer hin), sind unsere Vorfahren, aber wir sind mit Sicherheit nicht nur rein keltischen Blutes, sondern auch von hauptsächlich germanischen und römischen Genen durchmischt. Der Historiker Benno Hubensteiner schreibt dazu augenzwinkernd: "Sie (die Bayern) waren ein Volk der Völker. Sie müssen ein unverbrauchtes Bauernvolk gewesen sein, gutmütig und jähzornig, sinnenfroh und aufwenderisch, eigensinnig und beharrend wie noch heute." Die Lust der Bayern am Auftrumpfen, Rankeln und Raufen schreibt Hubensteiner eindeutig den typischen Eigenheiten keltischen Blutes zu.
Der alte Name "Baiahaima" aber, also die Heimat der Bojer, blieb weiterhin im Moldauland bestehen, zunächst wurde daraus "Beheima" und schließlich zu "Böheim" und Böhmen.
Der deutsche Name des Waldlandes ist also uralt und auch gut tausend Jahre eher bezeugt als die slawische Bezeichnung "Cechy". Die Baiern selbst nannten den großen Grenzwald im Norden ihres neuen Siedlungsgebietes ursprünglich nur "Nordwald", was aus einer Urkunde König Ludwigs des Deutschen aus dem Jahre Jahr 853 hervorgeht. Später ist davon auch in der Niedernburger Schenkungsurkunde von 1010 die Rede, wo die Formulierung "silva quae vocatur Nortuualt" zu lesen ist.
Aber allmählich verschwand der Begriff vom Nordwald und wurde, ersichtlich in allen frühen Kartenwerken, als "Bohemica silva" bezeichnet. Herauszugreifen ist da eine Deutschlandkarte aus dem Jahre 1491 von Nikolaus Cusanus, in der die Gegend von Passau und seinem nördlichen Grenzbirge verallgemeinernd "silva et montes Bohemia" (Wald und Berge Böhmens) genannt wird.
Und Johannes Thurmair, der große bayerische Geschichtsschreiber, genannt Aventin (1477 bis 1534), zeichnet in seiner Karte von "Obern vnd Nidern Bairn" von 1523, der ersten Landkarte von ganz Bayern, den "behemisch waldt" nördlich der Donau ein, und zwar mit dem Zusatz "Hercynie et Boiernie pars" woraus hervorgeht, dass der Böhmerwald in diesem Dokument nicht bloß ein Teil Böhmens ist. Dann berichtet der Kartograph Sebastian Münster in der bekannten Weltbeschreibung "Cosmographey" von 1544, dass mit dem Böhmerwald sogar das gesamte rautenförmige Ringgebirge gemeint ist, das das böhmische Becken um Prag gleichsam einer Mauer umschließt (was aber unter den heutigen Historikern nicht unumstritten ist).
Die verworrene Zugehörigkeit des Böhmerwäldlers wäre sogar ein wenig amüsant, wenn sie nicht durch die jüngere leidvolle Geschichte so traurig wäre: In der Zeit vor und zwischen den Weltkriegen sah jede Seite den Böhmerwäldler zu jeweils einem anderen Land zugehörig, je nach Standort des Einzelnen hatte er dementsprechend eine andere Nationalität.
Für die Tschechen, Mähren und Slowaken galten sie zu Recht als Deutsche, im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn zählte man sie ethisch zu den Bayern, und die Bayern wiederum sahen sie (in den Grenzen der Habsburger Monarchie ja auch nicht gänzlich falsch) als Österreicher.
Stifters Waldheimat ist letztendlich ethisch-historisch gesehen weder rein bayerisch, noch böhmisch oder österreichisch, sie war und ist eine Waldregion, wenn auch zwei unsägliche Weltkriege politische und geographische Veränderungen nach sich ziehen mussten, ist sie trotzdem als uraltes Mittelgebirge ein Ganzes geblieben, der "Wald" eben.
Dieser Bericht wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von DIE NEUE WOCHE


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